Die Wochenplanarbeit ist vor allem ein zeitgebendes Strukturelement für einen sich öffnenden und individualisierenden Unterricht. Es gibt unzählige Varianten von Wochenplänen und von Wochenplanarbeit. Das hier vorgestellte Modell hat zum Ziel, die Schülerinnen und Schüler zu selbstständigem, eigenverantwortlichem und selbstreflektierendem Lernen hinzuführen.
Das nebenstehende Bild zeigt eine typische Wochenplan-Vorderseite aus einer 6. Ganztagsklasse meiner Schule. Für eine vergrößerte Ansicht bitte anklicken.
Aufbau der Wochenplanvorderseite:
- 3 Pflichtaufgaben mit dem Basislernstoff, den alle Kinder zur Übung für die anstehenden Leistungsüberprüfungen benötigen.
- 5 Wahlpflichtaufgaben, von denen die Kinder zwei bearbeiten müssen. Die Überschriften der Aufgaben leiten die Kinder an, sich bewusst für solche Aufgaben zu entscheiden, die ihrem momentanen Lernstand entsprechen.
- Ein Wochenplan ist „fertig“, wenn 3 Pflichtaufgaben und zwei Wahlpflichtaufgaben richtig bearbeitet sind. Das wird symbolisiert durch die zwei großen Stempel in den entspechenden Kästchen. Wichtig: Die Stempel stellen keine Belohnung dar, sie symbolisieren lediglich: Diese Aufgabe / Dieser Bereich ist fertig bearbeitet.
- Wessen Wochenplan fertig ist, der kann in die „Freie Arbeit“ gehen und mit den zur Verfügung stehenden Freiarbeitsmaterialien selbstständig weiter arbeiten und üben.
- Am Ende der Woche bewertet jedes Kind seine Arbeitsleistung in der Woche. Danach setzt die Lehrkraft ihre Sichtweise daneben. Große Abweichungen im Urteil sind ein Gesprächsanlass.
Die Wochenplanrückseite
Auf der Wochenplanrückseite müssen die Kinder am Ende jeder Woche eine Art Wochenrückblick schreiben. Dadurch werden Lerninhalte gefestigt; außerdem führt das konsequente Einfordern des Ausfüllens der Rückseite, dass die Kinder mehr und mehr in der Lage sind, ihr eigenes Lernen zu reflektieren. Sein eigenes Lernen reflektieren zu können ist eine Grundvoraussetzung dafür, das eigene Lernen selbst in die Hand nehmen zu können.
Eine typische Wochenplanrückseite im 6. Schuljahr. Für eine vergrößerte Ansicht bitte anklicken.
Aufbau der Wochenplanrückseite:
- Ein in jedem Fall vollständig vom Schüler auszufüllendes 1. Feld „Das habe ich diese Woche gelernt“.
- Das Feld „Das ist mir besonders gut gelungen“ muss ebenfalls ausgefüllt werden, denn irgendwas ist einem Schüler immer gut gelungen, egal, wie die Woche gelaufen ist. Dies bewusst zu machen ist das Ziel dieses Feldes.
- Ein Bereich, in dem die Schüler Schwierigkeiten und ihre Überwindung thematisieren müssen. Dies hilft, Schwierigkeiten als normal zu akzeptieren und Lösungsansätze dauerhaft im Lernverhalten zu verankern.
- Ein Feld, wo das Kind Freude, Ärger oder Wünsche mitteilen kann – ein wichtiges Dialogfeld für die Beziehungsebene.
- Ein Feld, wo die Lehrkraft Rückmeldung gibt. Ist alles in Ordnung, reicht auch ein „Schönes Wochenende!“
Erfolgsbedingungen:
- Wochenplan regelmäßig (z. B. jede Woche 5 Unterrichtsstunden) machen, wichtig nehmen, so gut wie nie ausfallen lassen!
- Aufgaben wählen, die von den Kindern wirklich selbstständig bearbeitet werden können. Das heißt vor allem: Bei der Einführung der Wochenplanarbeit ganz einfache Aufgaben nehmen – später Schwierigkeitsgrad steigern, wenn die Methode „an sich“ klappt.
- Dafür sorgen, dass die Arbeitsruhe strikt und immer eingehalten wird!
- Vor allem in den ersten Wochen engmaschige Kontrolle, danach kann Zug um Zug bei geeigneten Aufgaben Selbstkontrolle eingeführt werden.
- Für die Rückseite stets ein Zeitfenster (10 min) anbieten!
- Besonders in den ersten Wochen jede Rückseite lesen und differenzierte Rückmeldungen geben! Wenn es läuft, kann man auch öfter mal Rückseiten nur überfliegen – und je besser es läuft, umso mehr Wochenpläne sind so gut bearbeitet, dass man einfach nur „Schönes Wochenende!“ darunter schreiben kann.
- Den Schülern Eigenverantwortung wirklich zutrauen können und es ihnen auch abverlangen – und gleichzeitig eine beratende Funktion einnehmen können.
- Alle Wochenpläne müssen in einer Mappe gesammelt werden, in der außer den Wochenplänen auch Kompetenzraster und Inhaltsverzeichnisse für die Materialien der Freien Arbeit enthalten sind, sonst aber nichts (keine Arbeitsblätter usw.). Diese Mappe ist die wichtigste Mappe der Schulzeit. Hier entsteht eine Art Lerntagebuch, eine Dokumentation für den Schüler und den Lehrer zugleich.
- Bei Schülern, die wiederholt ihre Wochenpläne nicht pünktlich fertiggestellt bekommen, nach Ursachen suchen, frühzeitig Gespräche führen, auch mit den Eltern. Nacharbeit zu Hause gemeinsam mit Eltern vereinbaren, in der Schule Unterstützung sichern.
- Und: Geduld und Durchhaltevermögen seitens der Lehrkraft. Wochenplanarbeit ist ein Prozess, der sich langsam entwickelt. Wer bereits nach drei Wochen aufgibt („zu chaotisch“, „zu viele Kinder werden nicht fertig“, „Arbeitsunruhe kommt immer wieder auf“, „ich weiß gar nicht genau, was jeder Schüler macht“ usw.), hört auf, bevor sich die Vorteile der Wochenplanarbeit überhaupt zeigen können.
Vorteile der Wochenplanarbeit nach diesem Modell:
- Schüler lernen, ihre Zeit über einen längeren Zeitraum einzuteilen.
- Schüler lernen, ihr eigenes Lernen zu reflektieren und werden so in die Lage versetzt, wirklich Verantwortung für ihr eigenes Lernen zu übernehmen.
- Das Lernen der Schüler wird bewusster und dadurch nachhaltiger.
- Lehrkraft gewinnt Zeit für individuelle Lerngespräche, sobald die Wochenplanarbeit reibungslos klappt.
- Durch den Aufbau des Wochenplans findet bereits eine umfangreiche Differenzierung statt, ohne dass die Lehrkraft für jedes Arbeitsblatt mehrere Niveaustufen konzipieren muss.
- entspannterer Unterrichtsalltag, da die Lehrkraft sich selbst zurücknehmen kann
- Wochenplanmappe entwickelt sich zu einer Art Lerntagebuch, fast schon Portfolio. Doppelte Buchführung seitens der Lehrkraft entfällt.
- Lehrkraft und Schüler kommen vor allem über die Rückseite in einen Dialog. Die Lehrkraft lernt ihre Schüler neu sehen und kann auch bei anstrengenderen Schülern Liebenswertes entdecken.
- Die Lehrkraft sieht viel schneller und genauer, wo die Schwächen ihrer Schüler/innen liegen und welche Lernfortschritte sie machen. Die Berufszufriedenheit steigt, weil man sich gemeinsam über Fortschritte freuen kann.
- Das Wochenplanformular lässt sich leicht abgewandelt auch für Projekte verwenden – hier übernimmt es die Aufgabe der Übersicht über die Arbeitsschritte, die Schüler/innen malen dann selbst nach eigener Einschätzung nach erfolgter Erledigung eines Arbeitsschrittes die Smilies an und gehen dann zum nächsten Arbeitsschritt über.
- Die Wochenplaneinführung bedeutet zunächst zwar schon eine nicht unerhebliche Mehrarbeit der Lehrkraft. Nach einigen Wochen jedoch reduziert sich das wieder auf das Normalmaß oder sogar darunter, denn:
- Die Lehrkraft gewinnt an Routine, das Erstellen eines Wochenplans dauert nur noch wenige Minuten.
- Die Schüler arbeiten wirklich selbsttätig und selbstständig, sodass die Lehrkraft im Unterrichtsalltag deutlich entlastet ist.
- Mit zunehmender Materialfülle an Arbeitsheften, Karteien und sonstigen Materialien für den Wahlpflichtbereich und die Freie Arbeit entfällt das ständige Heraussuchen von passendem Unterrichts- und Fördermaterial.
- Wenn alles sauber eingeführt wurde und am Anfang wirklich konsequent an Arbeitsruhe, Heftführung, Rückseitenausfüllung, Selbstständigkeit, sinnvoller Selbstkontrolle usw. gearbeitet wurde, dauert das Kontrollieren der Wochenplanrückseiten einer Klasse nur noch ca. 30 Minuten, da unter das Gros nur noch kurze bestätigende Kommentare und/oder Wünsche wie „Schönes Wochenende“ geschrieben werden kann. (Bitte beachten: Dennoch sollte man immer wieder bei jedem Kind auch mal einen individuellen Kommentar schreiben wie „Toller Text im 1. Feld“ oder „Hat es geholfen?“ oder „Stimmt, genau so sehe ich es auch“ usw. schreiben; siehe Beispielrückseite weiter oben. Das macht nicht viel Arbeit, fördert aber den Dialog zwischen Lehrkraft und Schüler.)
Erfolge. Ein paar Beispiele
(Hauptschule, 5. und 6. Schuljahr; für Bildbeschreibung Mauszeiger über das Bild halten; für eine vergrößerte Ansicht bitte Bild anklicken.)
Mehr Infos…
Im Januar 2012 erschien das Fördermagazin 1/2012 „Offene, reflexionsfördernde Arbeitsformen“ mit einem ausführlichen Artikel von mir über Wochenplanarbeit und andere reflexionsfördernde Lernformen. (Der Link führt zum Archiv des Oldenbourg-Verlages mit der Möglichkeit, den Artikel downzuloaden.)